Herr Zemanek, welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für die Automobilbranche?

„Das wachsende Umweltbewusstsein und die soziale Verantwortung, bei Unternehmen und Verbrauchern, erfordern eine nachhaltigere Herangehensweise. Auf der einen Seite reagieren Automobilkonzerne auf die steigende Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten. Gleichzeitig sind sie aber auch mit strengeren Umweltauflagen, Gesetzesvorgaben und Emissionsstandards konfrontiert. Somit führt in der Automobilbranche kein Weg daran vorbei, nachhaltigere Mobilitätslösungen zu entwickeln.“

 

Wie unterstützen Sie Ihre Kunden auf dem Weg hin zu mehr Klimaneutralität?

„Wir arbeiten mit nahezu allen namhaften Automobilherstellern zusammen und erhalten dadurch einen tiefen Einblick in die jeweilige Materie. Dadurch sind wir in der Lage, bereits im frühen Stadium einzugreifen und unser Fachwissen so auf bestmögliche Weise für die jeweilige Kundenlösung einzusetzen. Damit sind wir auch in der Lage, die Herausforderungen frühzeitig zu erkennen, um ihnen am Ende mit innovativen Lösungen begegnen zu können. Gewisse Erfolge werden im Anschluss multipliziert und ggf. auf weitere Baureihen des Herstellers übertragen. Schlüssel hierfür ist eindeutig unser umfassendes Know-how sowie die eigentliche Entwicklungskompetenz. Aber auch der permanente Antrieb, neue Wege zu gehen, sich dabei auch selbst immer wieder zu hinterfragen. Wir müssen pragmatischer an die Dinge herantreten und nicht von Anfang an eine 100% Lösung suchen. Es macht durchaus Sinn eine Idee nach vorn zu bringen, wenn diese noch nicht ganz ausgereift ist. Im Entstehungsprozess lernen wir immer dazu und entwickeln uns mit den Herausforderungen – das macht die Sache spannend und am Ende auch innovativ, da man gezwungen ist, immer wieder resilient auf Gegebenheiten zu reagieren.“

 

Was genau meinen Sie damit?

„Stichwort Gewichtsreduktion. Das ist bei allen Fahrzeugen Thema. Leichtere Fahrzeuge erfordern weniger Energie, um sich zu bewegen. Je leichter ein Elektrofahrzeug also ist, desto höher die Reichweite. Und je leichter ein Fahrzeug mit Verbrenner ist, desto weniger Kraftstoff verbraucht es. Insgesamt tragen leichtere Fahrzeuge dazu bei, wirtschaftlicher und umweltfreundlicher zu sein. Noch vor wenigen Jahren war Metall beim Fahrzeugbau nicht wegzudenken. Wir haben aber bereits mehrfach bewiesen, dass es sich lohnt, auf hochwertige Kunststoffalternativen umzusteigen.“

 

Haben Sie ein konkretes Beispiel dafür, wie Sie erfolgreich Metall durch Kunststoff ersetzt haben?

„Hier könnte ich viele erfolgreiche Projekte vorstellen. Spontan fällt mir hier die Anfrage eines namhaften Premium-Sportwagenherstellers ein. Wir wurden damit beauftragt, eine Ladebuchsenhalterung zu entwickeln, die 50% leichter ist als die bisherige, gleichzeitig aber alle funktionalen, geometrischen und stabilitätsrelevanten Anforderungen erfüllt. Wir entschieden uns dafür, das bisherige Bauteil aus Metall durch Kunststoff zu ersetzen. Um die mechanische Robustheit zu erfüllen, wurde ein Material mit hohem Glasfaseranteil gewählt. Ohne an dieser Stelle zu sehr ins Detail zu gehen: Unsere intelligente, iterative und interdisziplinäre Arbeitsweise half uns, in kurzer Zeit verschiedene Designalternativen schnell und effizient zu bewerten. Das von uns entwickelte Bauteil war letztendlich 60% leichter als sein Vorgänger und erfüllt weiterhin die strengen Qualitätsstandards unseres Kunden. Die Ladebuchsenhalterung ist aber wie gesagt nur ein Beispiel von vielen. Unsere Lösungen kommen in nahezu allen Fahrzeugbereichen zum Einsatz.“

 

Gibt es weitere Vorteile beim Ersatz von Metall durch Kunststoff?

„Da gibt es mehrere. Bei Kunststoff gibt es beispielsweise, anders als bei Metall, keine Korrosion – ein immens wichtiges Thema. Darüber hinaus, denke ich an die Vorteile der Integration diverser Funktionen auf Grund der flexiblen Geometriegestaltung im Vergleich zu Stahlblech. Hier dienen als Beispiel sämtliche Befestigungselemente, Stecker- und Buchsenaufnahmen, Kantenschutz, Dämpfungselemente und Sichtflächen (in div. Farben) oder die Kennzeichnungsmöglichkeit (Schrift oder Symbole). Des Weiteren sind die elektrische und thermische Isolationseigenschaft oft gewünscht, was nahtlos in den NVH-Bereich übergeht (Schall- und vibrationsdämpfende Funktionen). Im Übrigen kann durch den Einsatz von 2K-Spritzguss die Schallentkoppelung bewerkstelligt werden, dies z. B. bei medienführenden Leitungen im Bereich Fluid Routing Management oder in anderen Bereichen des Fahrzeugs.“

 

Wie wollen Sie Ihre Kunden zukünftig noch stärker unterstützen auf ihrem Weg hin zur Klimaneutralität?

„Wir sind bereits auf einem guten Weg in Richtung Klimaneutralität. Es gibt verschiedenste Kunststoffvarianten, zum Beispiel biobasiert, kompostier- bzw. 100% recyclebar, hier ist gerade sehr viel in Bewegung und wir testen verschiedenste Optionen. Zudem sind wir momentan dabei, auf Produktebene unseren CO2 Fußabdruck zu berechnen – und diesen, wo immer wir können, zu reduzieren. Die große Herausforderung besteht darin, dies zu erreichen, ohne Abstriche bei der Qualität zu machen. Dank der nötigen Entwicklungskompetenz sind wir in diesem Bereich aber optimal aufgestellt, um unseren Kunden stets die besten Lösungen zu bieten.“ 

 

Spielt neben der Wahl der Rohstoffe auch der Produktionsprozess eine Rolle?

„Definitiv. Unter anderem haben wir unsere Produktion größtenteils auf energieeffiziente Spritzgussmaschinen umgestellt und wir erhöhen den Anteil an Rezyklaten in unseren Produkten stetig. Dafür wurde HellermannTyton auf dem LEONI Digital Global Supplier Summit sogar mit dem „Sustainability Award“ ausgezeichnet. Das bestätigt uns darin, dass wir auf einem guten Weg sind und wir wollen unsere Rohstoffe wie auch Produktionsprozesse weiter optimieren im Hinblick auf eine nachhaltige Zukunft. Wir freuen uns darauf, diese gemeinsam mit unseren Automobilkunden zu gestalten und sind schon jetzt gespannt darauf, welche Lösungen von morgen wir heute gemeinsam entwickeln.“

 

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.